schwerwiegende Meinungsverschiedenheiten
Das Verfahren bei schwerwiegenden Meinungsverschiedenheiten hatte das Plenum der Genoss*innen per Beschluss festgelegt: Jede Genoss*in hat das zugesicherte Recht, im Plenum eine extern begleitete Mediation zu erbitten und diese auch zu bekommen, gerne mit Angabe des Grundes, aber auch ohne diese Angabe. Es gab zuvor, mit anderen Themen, bereits zwei Mediationen, in denen jeweils erfolgreich eine Lösung der scherwiegenden Meinungsverschiedenheiten erarbeitet wurde.
Selbst die Präambel der Teilungserklärung der "WEG staTThus Wohnprojekt" enthält auf der Seite 4 eine abschließende Formulierung ebendieser:
Bei wesentlichen Meinungsverschiedenheiten soll dabei eine Mediation als Ausdruck
einer gemeinsam gefundenen Lösung einer endgültigen Entscheidung vorangehen.
Im Fall staTThus haben wir alles dafür getan, schwerwiegende Meinungsverschieden nicht aufzuhäufen, sondern abzuarbeiten.
- es gab die Leitlinie der Basisdemokratie
- es gab die Leitlinie der Vermeidung von hierarchischen Strukturen
- es gab Workshops in gewaltfreier Kommunikation
- es gab Workshops im systemischen Konsensieren
- es gab ein wöchentliches Plenum, in welchem auch die Leitlinien diskutiert hätten werden können.
Was es nicht gab, war eine Leitliniendiskussion. Erst später, als vier Mitglieder sich entschlossen hatten das Projekt zu verlassen, war klar, warum sie das Projekt verlassen mussten: Die Leitlinien wurden bereits diskutiert, jedoch nicht im Plenum. Nachdem die vier Mitglieder das Projekt verlassen hatten, wurde die Diskussion darüber geführt, dass die Leitgedanken nicht abgestimmt worden seien, sie seien gesetzt worden. Man wolle auf gemeinsame Formulierungen kommen. Was hat diese Mitglieder daran gehindert, die gewünschte "Revision" der Leitgedanken aus dem Plenum heraus zu diskutieren? Die Antwort hätte vielleicht helfen können, einen Bruch zu verhindern.
Eine Sitzung des Plenums am 4.3.2020 war eine schwere Erschütterung
Ab hier gab es, ohne Frage, eine offen zu Tage getretene wesentliche Meinungsverschiedenheit. Diese Meinungsverschiedenheit wurde in einem Vortrag des sich selbst zu Wort meldenden Gesprächsleiters vorgebracht, in einem von ihm selbst eingefügten Tagesordnungspunkt. Der vom Handy vorgelesene Vortrag enthielt im wesentlichen Schuldübertragungen für etwas, was bisher nicht diskutiert wurde und war sehr lang. Es ging unter dem Strich darum, die Hüter:innen der Leitgedanken zu diskreditieren. Ein traumatisches Erlebnis, ohne jede Vorwarnung.
Die Auseinandersetzung verlief danach schriftlich (Corona als ein Grund, Unbehagen bei physischen Begegnungen ein Zweiter) und mit vielen Verletzungen.
- Wie ist es möglich, dass eine Gruppe sich das Recht herausnimmt, eine wesentliche Meinungsverschiedenheit zu ignorieren und die Grundzüge "ihres Wohnprojektes", gegen den erklärten Willen einer anderen Gruppe, durchzusetzen?
- Gehört nur einer Gruppe, die sich gerade als Mehrheit betrachtet, dieses Wohnprojekt staTThus und darf diese Mehrheit entscheiden, dass eine Minderheit den Einfluss auf die Ausgestaltung komplett verliert?
- Warum hat kein Mensch einfach mal gesagt, dass sie/er das Projekt anders haben wollen (grundlegend anders) und zwar vor dem 4.3.2020? Also nach dem Motto: "wir möchten die Idee einer Gleichberechtigung ohne hierarchische Struktur nicht mehr, weil wir sie für eine Illusion halten". Oder: "uns ist das so zu anstrengend, kann dies nicht bitte der Vorstand plus x entscheiden?"
Nicht einmal in dieser Sitzung wurde überhaupt ein Ziel formuliert, wie denn weiter vorgegangen werden solle. Es gab lediglich Vorwürfe an zwei anwesende und zwei nicht anwesende Mitglieder der Genossenschaft, sie seien "Gleicher als Gleich". Die zwei anwesenden Mitglieder der staTThus eG haben nach den ersten Vorwürfen sogleich gesagt, dass so eindeutig die nächste Mediation kommen müsse, also das Grundrecht auf Heilung eines Prozesses, der verletzend war in Anspruch genommen wird. Dennoch nahm diese Sitzung des Plenums weiter ihren desaströsen Verlauf. Das nächste Plenum zementierte das Desaster: Verletzungen aus dem Plenum vom 4.3.2020 seien Pseudogefühle und damit zurück zur Tagesordnung.
Die Bedingungen, nach der Spaltung einseitig festgelegt, wurden nicht in einem dynamischen Prozess von allen Genoss*innen zusammen gestaltet, sondern von einer Mehrheit, der es um die Mehrheit ging und dabei eine Minderheit marginalisiert hatte. Eine Mehrheit fühlt sich dabei im Recht, die zuvor gemeinsam erstellten Regeln der Basisdemokratie und des Konsens zu "modifizieren": Jedes einzelne Mitglied konnte genau wissen, dass es sich um ein basisdemokratisches Wohnprojekt handelt, in dessen konkreten Handeln es keinen Unterschied zwischen Vorstand und einer gemeinen Genoss*in, zwischen einer/m Eigentümer*in oder Bewohner*in einer öffentlich geförderten Wohnung geben sollte. Diese Festlegung haben die Gründer*innen des Wohnprojektes getroffen und eine Veränderung dieser Festlegungen kann geschehen, jedoch ausschließlich in einem gemeinsamen Prozess. Dieser Prozess hat nicht stattgefunden. Dieser Prozess wurde nicht begonnen, es gab keinen Hinweis auf den Wunsch, die Leitgedanken verändern zu wollen. Warum?
Nachdem die vier diskreditierten Mitglieder das Projekt verlassen und auch keinen Zugang mehr zum internen Informationssystem hatten, gab es eine Antwort auf die Frage, warum es zu diesem Vorgang kam: Man hatte sich nicht getraut, wohl weil man wusste, dass es Widerstände geben würde. Plötzlich waren selbst die Begriffe "Plenum" oder "Leitgedanken" nicht mehr erwünscht und es gab Beschwerden darüber, dass die Leitgedanken gesetzt worden seien. Die Leitgedanken waren gesetzt. Ein Prozess im Plenum hätte eine Änderung der Leitgedanken in Gang hätte setzen können. Auch dieser Prozess hätte dazu führen können, dass vier Mitglieder das Projekt verlassen. Statt dessen gab es einen anderen Prozess.
Erst nachdem die vier diskreditierten Mitglieder es aufgegeben hatten, ihre Mediation als ihr Grundrecht zu bekommen und nicht mehr am Prozess der Gruppe teilnehmen konnten, wagten sich die Mitglieder aus der Deckung, die ein anderes Projekt haben wollten. Sie haben das andere Projekt bekommen, aber zu welchem Preis? Was ist gut daran, dass inzwischen der Wechsel 11 bei einer Wohnungsbelegung ansteht, innerhalb von 2 Jahren?